Wer ist eigentlich mit Windows zufrieden?

 

Zugegeben, ich war noch nie Mainstream und auch was meine Computer angeht, bin ich viele Jahre einen anderen Weg gegangen. Es war 2010, als mit einem alten Notebook herumexperimentierte und dabei  Linux entdeckte. Damals hatte ich wiederholt mit Windows zu kämpfen, weil eigentlich in meinem kleinen Netzwerk immer irgendwo irgend etwas nicht funktionierte. Als ich alles auf Linux umstellte war der Spuk vorbei und ich konnte zum ersten Mal völlig ungestört arbeiten. Bis ...

... ja bis ich mir vor ein paar Wochen so ein superflaches Ultrabook von Dell mit integriertem Schreibstift kaufte. Das edle Teil konnte man auch als Tablet verwenden und meine Idee war, damit künftig die Besprechungsnotizen zu schreiben, die ich noch immer mit dem Kuli auf Papier gekritzelt hatte. Das Problem war nur: Der Fingerabdruck-Scanner funktionierte mit Linux nicht und auch die Bedienung mit dem Stift fühlte sich nicht wirklich ausgereift an. Also entschloss ich mich, Windows zumindest eine Chance zu geben.

Das Ergebnis verlief zunächst durchaus positiv und innerhalb weniger Tage verstanden sich alle meine Rechner problemlos und auch das NAS-Laufwerk mit meiner Mediensammlung spielte mit. Also ging ich aufs Ganze und schaffte mir auch das Windows Office-Paket an. Schließlich hatte ich irgendwo gelesen, dass dessen einzelne Programme nahtlos zusammenpassten und das original Office angeblich das Beste war, was man haben konnte.

In den folgenden vier Wochen habe ich dann viel Zeit verbraten, um mich mit den Programmen vertraut zu machen und alles für meine Bedürfnisse einzurichten. Wenn schon, denn schon, dachte ich mir und meine Texte entstanden fortan mit Word. Für eMails, Termine und Projekte wollte ich Outlook nutzen, das ja fast auf jedem zweiten Rechner läuft und meine Sammlung an Ideen und Notizen wollte ich von Evernote zu OneNote portieren. 

Um es vorweg zu nehmen: Es war ein interessanter Versuch, aber ich habe ihn letztendlich abgebrochen. Windows ist mittlerweile ganz OK, auch wenn lange nicht so übersichtlich und logisch aufgebaut, wie meine frühere Linux KDE-Oberfläche. Aber was Microsoft sonst so liefert, ist eigentlich nicht brauchbar. 

Die Ribbon-Oberfläche von Word mag zwar gut gemeint sein. Ich war jedoch auch nach einer Woche intensiver Nutzung ständig damit beschäftigt, irgendwelche ganz alltäglichen Einstellungen zu suchen. Wie das mit Dokumentenvorlagen funktioniert, habe ich nie begriffen. Warum man nicht einfach mit einem Klick die Schrift verändern kann, kann ich auch nicht nachvollziehen. Texteditoren gibt es schon seit Jahrzehnten und alle arbeiten irgendwie ähnlich. Nur Word will mich zu einem ganz bestimmten Arbeitsstil zwingen, anstatt es mir zu überlassen, was ich wie tun will. 

Ich bin wieder zu meinem Textmaker zurückgekehrt. Der hat auch die original Duden Grammatik- und Rechtschreibprüfung, die weitaus besser ist, als das, was Word zu bieten hat. 

Outlook war der zweite Reinfall. An dieser App scheint Microsoft seit zwanzig Jahren nichts mehr verändert zu haben. Sie ist nicht nur optisch noch genauso, wie vor 20 Jahren. Ihre Funktionalität ist auch noch genauso lückenhaft. Wie man damit seine Termine und Aufgaben im Griff behalten soll, ist mir ein Rätsel und ich kann die Leute nur bedauern, die mit diesem Fossil arbeiten müssen. 

Ich bin jahrelang perfekt mit Google Mail, Google Tasks und dem Google Kalender zurechtgekommen und werde das auch weiterhin tun. Lege ich in Tasks eine Aufgabe an, steht die Sekunden später im Kalender Verschiebe ich sie im Kalender, ändern sich automatisch auch die Angaben in Task. Ich kann Aufgaben mit Uhrzeit angeben, wiederholte Aufgaben und Unteraufgaben. Mit Tasks habe ich mein gesamtes privates und geschäftliches Leben im Griff. Mit einem kleinen Addon namens Taskboard lassen sich einzelne Projekte sogar in einer Kanban-Ansicht verfolgen und ich weiß immer, wo es klemmt und was als Nächstes zu tun ist. 

Spontane Ideen, interessante Artikel und jede Art von Notizen landen bei mir seit Jahren bei Evernote. Etwas Besseres gibt es schlicht und einfach nicht. Lese ich im Web einen interessanten Artikel, genügt ein Klick und der Evernote-Webclipper fängt ihn ein, um ihn genau da zu speichern, wo ich ihn später wiederfinden werde. Sogar meine Sammlung an Kochrezepten führe ich in Evernote. In der Küche muss ich dann nur noch das Tablet einschalten und es kann losgehen. 

Im Vergleich dazu kann man OneNote nur als halbgare Lösung bezeichnen. Der Webclipper ist unterirdisch. Manchmal funktioniert er, manchmal liefert er unbrauchbare Ergebnisse, manchmal bleibt er einfach inaktiv. Auch die Suchfunktion kann es mit Evernote nicht mal andeutungsweise aufnehmen. Das ist eine unfertige Software. Mit so etwas kann man nicht arbeiten. 

Es gibt unter den Bordmitteln von Windows noch ein paar recht ansehnliche Apps wie Mail, Kalender und Todo. Zumindest optisch scheinen die auch aus einem Guss zu sein. Aber warum kann man eine Aufgabe weder mit Uhrzeit versehen, noch Unteraufgaben eingeben? Weshalb erscheinen die Aufgaben nicht im Kalender? Wieso lässt sich eine Mail nicht zur Aufgabe verwandeln? Ich habe das Gefühl, dass Microsoft hier ganz bewusst nur halbe Sachen gemacht hat, um Anwendungen loszuwerden, die zwar für die meisten Anwender ein Overkill sind, aber Geld in die Kasse bringen.

Windows 10 scheint zwar endlich so stabil zu sein, wie man es sich wünscht. Aber ansonsten frage ich mich, was die Entwickler in Redmont eigentlich all die Jahre gemacht haben. Die Weiterentwicklung der uralten Produkte stand dabei ganz sicher nicht im Vordergrund.