Der Börsencrash ist passiert. Na und?

Ein Börsencrash ist etwas ganz Furchtbares. Die Zeitungen berichten über abstürzende Kurse. Die Notenbanken verfallen in hektische Aktivitäten. Jeder fürchtet um seinen Job. Panik breitet sich aus. Die ganze Welt scheint kurz vor dem Zusammenbruch zu stehen. Doch in Wirklichkeit ist das alles ganz anders.

Nach dem Dotcom-Crash um die Jahrtausendwende und der Bankenkrise von 2008 wird auch 2020 als ein Jahr in die Geschichte eingehen, in der die Aktienkurse ins Bodenlose fielen. Dieses Mal gilt die Corona-Pandemie als Problemursache. So kann man es überall lesen, das sagen alle Politiker und das scheint auch jedem einzuleuchten. Wenn überall die Geschäfte schließen und weltweite Lieferketten unterbrochen werden, dann muss das ganz einfach die Krise der Krisen sein.

Börseninsider sehen das ganz anders. Corona und die Folgen sind nicht der Grund des Crashes, sondern bestenfalls der Auslöser. Die Börse ist nämlich nichts anderes als ein weltweiter Markt, der nach genau denselben Regeln funktioniert, wie der Wochenmarkt an der Ecke: Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. Wobei Kurse nichts anderes als Preise sind.

Ende der 1990er Jahre galt das Internet als der Wirtschaftsmotor der Zukunft. Es entstand ein wahrer Run auf alle Werte, die irgend etwas mit dem Internet zu tun hatten. Telekom-Aktien waren selbst zum Höchstpreis noch gefragt und die Leute waren traurig, wenn sie keine Infinion-Aktie mehr erwischt hatten. Technologie-Aktien erlebten einen noch nie dagewesenen Boom.

Doch wie jeder Handel funktioniert auch Aktienhandel nur, solange sich Käufer mit Verkäufern einig werden. Bleiben die Käufer aus, weil die Preise einfach zu hoch sind, verwandelt sich der Verkäufer- zum Käufermarkt. Die Preise fallen. Die Kurse sinken. Bis irgendwann Panik einsetzt, weil jeder retten will, was noch zu retten ist. Am Ende ist dann der Punkt erreicht, an dem keiner mehr verkaufen will und folglich auch keiner mehr kaufen kann. Der Crash ist gelaufen. Die Blase ist geplatzt.

2000 nannte man diesen Prozess den Dotcom-Crash. 2008 sprach man von der Bankenkrise. 2020 wird man wohl den Corona-Crash nennen. In jedem Fall war jedoch der Prozess genau derselbe: Nach Jahren ständig steigender Kurse war irgendwann der Höhepunkt erreicht und es genügte ein einziger Auslöser, um alles zum Einstürzen zu bringen und die Kurse nach unten rauschen zu lassen. Bis schließlich der Tiefpunkt erreicht war, an dem sie den tatsächlichen Buchwert der Unternehmen entsprachen und das Spiel wieder von neuem beginnen konnte.

Wenn also der Corona-Crash seinen Endpunkt erreicht hat, werden zwar viele Leute viel Geld verloren haben, weil sie teuer erworbene Aktien billig aus der Hand gegeben haben. Aber es werden auch genau so viele Leute im Besitz von billig erworbenen Aktien sein, die ab jetzt nur noch an Wert steigen können. Besonders kluge Leute werden auch ihre Aktien kurz vor oder ganz am Anfang des Crashs abgestoßen haben, um dann ein paar Tage später zum Schleuderpreis die doppelte Menge wieder zurückzukaufen.

Ein Aktiencrash ist also nichts anderes als eine Marktbereinigung. Ob ein Investor oder Spekulant dabei verliert oder gewinnt, ist keine Frage des Schicksals, sondern hängt allein davon ab, ob er klug oder unklug gehandelt hat.

An der Börse ist es nämlich wie im richtigen Leben. Der Preis einer Sache hängt nur sehr bedingt von ihrem realen Wert ab, sondern vor allem davon, wie viel die Käufer dafür zu zahlen bereit sind. Ein Haus kann zum Beispiel heute eine Million wert sein, weil es Käufer gibt, die bereit sind, diesen Preis zu bezahlen. Doch schon morgen kann die Immobilienblase platzen und der Preis kann sich halbieren. Auch hier ist es nichts anderes als Marktbereinigung. Einige werden dabei die Verlierer, andere die Gewinner sein.

Die Corona-Pandemie kann daher durchaus einen destruktiven Einfluss auf die Wirtschaft haben. Es wird vermutlich in ihrer Folge unzählige Firmenpleiten geben. Die Wirtschaft insgesamt wird in eine schwierige Phase geraten und unzählige Menschen werden ihren Job verlieren. Aber mit dem Börsencrash hat das alles nichts zu tun.