Machst du noch Werbung oder informierst du schon?

Werber müssen umdenken. Viele haben schon längst umgedacht. Alle sind auf dem Weg in eine Werbung, die ganz nah am Kunden ist und ihre Absichten geschickt versteckt. Denn seit Anzeigen zu winzigen Bannern geschrumpft sind, ist das Geschäft vorbei. Die Zielgruppe ist nur noch genervt. Spontanes Wegklicken ist die Regel, denn wichtig ist, was interessiert und Werbung gehört ganz bestimmt nicht dazu.

Für den Online-Leser von heute ist Werbung genauso lästig wie die unsinnigen Cookie-Hinweise, die man ständig wegklicken muss. Oder die penetranten Aufforderungen, sich automatisch die neuesten Nachrichten auf den Bildschirm beamen zu lassen. Doch selbst wenn man endlich soweit ist und den gewünschten Text vor Augen hat, ist der oftmals so zerstückelt, dass man vor lauter Weiterscrollen und Wegklicken immer wieder den Faden verliert. Noch schlimmer sind nur Suchergebnisse, die sich ganz schnell als Clickbait erweisen, weil der Artikel absolut nichts von dem enthält, was in der reißerischen Headline versprochen wird. 

Für eine erfolgreiche Marketing-Kommunikation ist das ein ziemlich fragwürdiges Umfeld.

Manche Verlage versprechen eine Erlösung von all dem Irrsinn, wenn man ein Abonnement ihres einmaligen Online-Angebots abschließt. Doch ich bin sicher nicht der Einzige, der das nur als plumpe Nötigung versteht. Genauso, wie es vermutlich nicht nur mich nervt, wenn mir Google News einen Artikel anzeigt, der dann nur aus drei Zeilen besteht und ebenfalls in einer Abo-Aufforderung endet. 

Ich bin mittlerweile sehr wählerisch geworden. Ich spare mir die ständige Meinungsmache und habe die meisten Verlagsmedien aus meinem Feedly entfernt. Sie werden mir einfach nicht mehr angezeigt. Dafür lese ich vermehrt Blogs, die von Enthusiasten geschrieben werden. Oder News-Portale, hinter denen unabhängige Journalisten stecken, die sich noch Zeit für Recherchen nehmen. Denen schicke ich dann auch gerne etwas Geld für ihr Bemühen um Hintergrundwissen.

Denn, machen wir uns nichts vor, die bekannten Werbeformen sind genauso tot, wie es der klassische Einzelhandel bald sein wird. Konzepte aus der analogen Welt lassen sich eben nur sehr bedingt auf die Online-Welt übertragen. Seitdem jeder ein Smartphone in der Tasche hat und der Computer nicht mehr an einen Schreibtisch gebunden ist, laufen Entscheidungsprozesse einfach anders ab, als es einmal war. Wer holt sich heute noch die gute alte Test-Zeitschrift vom Kiosk? Wer geht noch in einen Laden, um sich „beraten“ zu lassen? Wer packt noch klobige Kartons in den Kofferraum, um sie dann selbst in den vierten Stock zu schleppen?

Kaufprozesse beginnen heute am Bildschirm und werden am Bildschirm abgeschlossen. Man gibt ein paar Suchbegriffe ein und sieht nach, wo es zum dem Thema etwas zu lesen gibt. Das Ergebnis kann ein Testportal sein, die Website eines Herstellers oder ein Youtube-Video. Meist ist es eine Mischung davon und man sitzt bequem im heimischen Sessel, um sich eine Meinung zu bilden und schließlich eine Entscheidung zu treffen. 

Eine wichtige Rolle nehmen bei diesem Prozess auch die Blogs ein, die es mittlerweile zu jedem erdenklichen Thema gibt. Wobei die Zielgruppe kaum unterscheidet, ob es sich um einen rein privaten Blog handelt, einen Branchenblog oder einen Corporate Blog. Wichtig ist nicht, woher die Informationen stammen. Entscheidend ist allein, dass interessante Aspekte zur Sprache kommen, offene Fragen beantwortet werden und der Leser Schritt für Schritt zu einer begründeten Entscheidung findet. Die meisten Menschen wissen nämlich mittlerweile, dass das kumulierte Internet-Wissen immer noch besser ist, als die Empfehlung eines Verkäufers, der ohnehin nur anbieten wird, was er gerade im Angebot hat. 

Ein Anbieter, der in dieser rein digitalen Entscheidungsfindung nicht auftaucht, den gibt es auch nicht. Denn eine Website gilt als Werbung. Alles, was da steht, könnte auch aus dem Mund eines Verkäufers kommen. Ein Blogartikel hingegen rangiert irgendwo zwischen Unterhaltung, Meinung und Information. Da ist das Interesse hoch und das Gelesene wird als Bereicherung empfunden. 

Allerdings gibt es da zwei ganz entscheidende Voraussetzungen: Ein Blogartikel muss interessant und lebendig geschrieben sein. Er muss mit jedem Satz zum Weiterlesen reizen, indem er neue Gesichtspunkte vermittelt, wissenswerte Gedanken beisteuert und entscheidende Informationen enthält. Leere Wortwatte, also viele Sätze ohne konkreten Nutzen führen hier schneller zum Weiterklicken, als dem Autor lieb ist. Noch wichtiger ist jedoch, dass sich ein Blogartikel niemals als Werbung outen darf. Reine Lobeshymnen auf ein bestimmtes Produkt machen den Leser misstrauisch. Alles, was nach Reklame riecht, mindert den Wert des Gesagten. Selbst ein Unternehmensblog (der natürlich durchaus auch Werbung ist) findet hohe Akzeptanz, wenn er sich zu lesen lohnt und der Leser einen konkreten Nutzen daraus bezieht. 

Die Schlussfolgerung ist also eindeutig: Klassische Werbung ist heute allenfalls noch interessant, um eine Marke in den Köpfen der Menschen zu verankern, damit sie nicht vergessen wird und zur richtigen Zeit die richtigen Assoziationen auslöst. Ansonsten ist Werbung heute eher eine Unterstützung bei der Entscheidungsfindung. Und die läuft vor allem über persönliche Empfehlungen, über Gedanken, Erfahrungen, Meinungen, Wissen und Informationen. Der Kommunikationskanal dafür sind Blogs und Portale. Das Vehikel sind gut geschriebene Artikel, die zwar irgendwie Werbung sind, aber dennoch nicht als solche wahrgenommen werden.