Storytelling ist die neue Long Copy

Als Marketing-Kommunikation noch Werbung hieß und Print die Szene beherrschte, fing praktisch jeder Prospekt mit einem genauen Layout an. Das heißt, der Grafiker komponierte Bild und Text zusammen und der Texter war danach aufgerufen, den ins Layout geklebten Blindtext durch konkrete Sätze zu ersetzen. Ganz oben stand dann die Headline, dazwischen gab es Sublines und der Rest hieß Copy.

Musste besonders viel erklärt werden, dann war die Copy entsprechend lang und nannte sich Long Copy. Das war aber in der Werbung eher selten, denn meist ging es darum, schnell auf den Punkt zu kommen und mit möglichst wenigen Worten die entscheidenden Botschaften zu kommunizieren. So ein Prospekt hatte schließlich nur begrenzt Platz und eigentlich wollte niemand langatmige Abhandlungen lesen. 

Aber, wie gesagt, das war in der Papierzeit, als praktisch alles, was sich ein Texter ausgedacht hat, in irgend einer Form gedruckt und dann palettenweise auf Papier verteilt wurde. Mittlerweile ist allerdings der gute alte Produktprospekt so gut wie ausgestorben. Wer heute etwas verkaufen will, kommuniziert es im Web, denn nur dort trifft er auf seine Zielgruppe und dort muss man in Erscheinung treten, um flüchtige Leser zu Interessenten und die wiederum zu Kunden zu machen. 

Dabei ist die Struktur weiterhin die gleiche. Noch immer bestimmen Headline, Subline und Copy den Ablauf. Nur die Seite hat ihre Funktion verloren und der Text kann theoretisch unendlich lang laufen. Was natürlich wenig Sinn macht, aber darum soll es hier nicht gehen. Hier soll von der Erzählkunst die Rede sein, die man in der Marketing-Kommunikation von heute Storytelling nennt. 

Storytelling ist weit mehr als Produktfeatures beschreiben und Vorteile auflisten. Deshalb gehört Storytelling auch nicht auf die Website, wo heute die klassische Werbung stattfindet und Unternehmen, Marken, Produkte abgefeiert werden. Storytelling ist quasi die Unterhaltungsabteilung der Marketing-Kommunikation. Hier geht es nicht um Eigenlob, sondern um Erfahrungen, um Meinungen und um das Produkt im praktischen Einsatz. Es geht um Gründe und Hintergründe, um interessante Anwendungen und erfolgreiche Problemlösungen. 

Bei technischen Produkten im B2B-Bereich kann es beim Storytelling richtig konkret zur Sache gehen. Hier sollen schließlich Fachleute angesprochen werden und die muss man vor allem auf der rationalen Ebene abholen und mit konkreten Vorteilen überzeugen. Typischerweise findet man daher hier Success Stories und Applikationsberichte, die von konkreten Anwendungen berichten und zufriedene Anwender zu Wort kommen lassen. 

Ganz anders sieht es im B2C-Bereich aus. Hier stehen selbst bei technischen Produkten vor allem emotionale Aspekte im Vordergrund. Es geht darum, Spaß und Begeisterung zu vermitteln, Faszination auszulösen und Motive wie Besitzerstolz, Prestige und Status anzusprechen. 

Storytelling ist alles andere als Werbung und darf auch keinesfalls als solche rüberkommen. Deshalb gehören Storys über das eigene Produkt auch nicht auf die Website, sondern in einen eigenen Unternehmensblog. Oder auch in einen externen Themenblog, der sich mit geeigneten Themen beschäftigt. Auch Blogger sind oft eine gute Adresse, wenn sie sich genau an die richtige Zielgruppe wenden. Besonders im technischen B2B-Bereich sind darüber hinaus auch branchenspezifische Fachportale eine gute Plattform. Hier ist die Fachwelt unter sich und die eigenen Botschaften treffen auf eine interessierte Leserschaft, die mit der Zielgruppe identisch ist.

Eine Story für einen Blog zu schreiben ist ein Textformat ganz eigener Art. Hier geht es nicht vordergründig um das Produkt selbst, sondern um Geschichten, die das Leben schrieb. Geschichten, die Interesse wecken und mehr sagen als man in der Produktbeschreibung lesen kann. Geschichten aus Anwender- oder Käufersicht. Geschichten über außergewöhnliche Begebenheiten, bei denen das Produkt eine entscheidende Rolle spielt.